Zweite Meer
Allein mit dem Titel schreibt Blumm seine wortlosen Geschichte(n) von Ankunft und Aufbruch, von Bewegung und Innehalten, vom Suchen und Finden fort: Erst "Ankern", dann "Lichten" und nun: "Zweite Meer". Ein neuer Ort. Die Ideen für "Zweite Meer" wuchsen in F.S. Blumm - wie könnte es anders sein - unterwegs; auf Tour mit Greg Davis und e* rock, die Westküste hinab von Kanada nach Mexiko. Und hinter dem immer gleichen Autofenster: Landschaften, die sich in der Länge eines Tages ändern. Morgens einatmen, durch die Wüste tauchen und abends in Las Vegas. Draußen und dazwischen der Horizont, Himmel, Weite, Ferne, Wiege großer Gesten, großer Popmusik. Drinnen, in Blumms Kopf: Burt Bacharach, Tom Jones und unweit Brian Wilson. "Zweite Meer", so sagt es F.S. Blumm, ist die Fragmentierung all dessen. Im Arbeitsprozess anfangs mit hoher Geschwindigkeit: Schnelle Entschlüsse, spontane Umsetzungen, beherzte Schritte. Was gesagt werden soll steht fest. Dann die Phase der Vertiefung, des Tempo-Drosselns, der Vorsicht, Zartheit und der Sorgfalt. Sich Klarheit verschaffen, also: Wie soll ich es (ihr) sagen? Wo F.S. Blumm mit "Mondkuchen" die Antworten auf seine Fragen vorwiegend in Klang und Flächen, mit "Ankern" in Rhythmen, in den Vertikalen und mit "Lichten" in der Verbindung von beidem zu einem Kammerpop-Entwurf gefunden hat, wagt er sich mit "Zweite Meer" an das ihm Zerbrechlichste heran: Harmonie und Melodie. Analog zu der sich über lange Zeiträume dehnenden Wahrnehmung seiner Reise, entwickeln sich F.S. Blumms Melodien auf dem Fundament vorangegangener, sie reichen sich die Hand und tragen einander. Die Übergänge fließen. "Zweite Meer" ist eine Reflektion in der Musik großer Bühnen. F.S. Blumm erkennt sich auf seinem Griffbrett in ihr wieder und findet sie in kleinen Griffbildern seiner linken Hand. Mit dieser Platte knüpft Blumm an den Anfang einer stimmigen Reihe von Alben an. Nach "Sesamsamen" (nahezu eine "Symphonie der Freunde") wollte Blumm die "Zweite Meer" ursprünglich alleine verwirklichen, doch glücklicherweise ist er flexibel genug, sich nicht in eigenen Konzepten zu verbeißen und so dürfen wir auch auf "Zweite Meer" die süßen Stimmen einiger alter Bekannter an Horn, Klarinette und Saxophon hören, sowie krönend Blumms liebste menschliche Gesangsstimme: David Grubbs. "Zweite Meer" ist F.S. Blumms Ebenbild im Augenglanz des Gegenübers. Oder um es mit dem Aufkleber auf der Stoßstange des Trucks zu sagen: "Siehst du meine Spiegel nicht, sehe ich dich nicht!"